Margaretha Seels, Stadtentwicklungsamt Mitte

Personengruppe vor Betonstufen im Park

Margaretha Seels (rechts) am Rand des Skateparks Poststadion

O-Ton aus dem Fördergebiet

Sie arbeiten im Stadtplanungsamt Mitte und sind dort zusammen mit Sebastian Pelz für die Durchführung der Projekte der Nachhaltigen Erneuerung zuständig. Wann waren Sie in diesen Zeiten der Pandemie das letzte Mal auf der Baustelle?

Das war Mitte November. Die Baumaßnahmen haben trotz Pandemie ganz gut geklappt. Da hat sich nicht so viel geändert. Aber man hat deutlich weniger Besprechungen mit den Partnern, das hat das ganze schwieriger gemacht.

Wie klappt es denn mit der Beteiligung unter diesen Bedingungen?

Das war natürlich am Anfang schwierig, aber jetzt haben wir uns auf Online-Beteiligung gestürzt über meinBerlin. Man kann sich da schnell einarbeiten. Wir haben jetzt die erste Beteiligung zur Grünanlage Bremer Straße 37 durchgeführt, hatten auch eine ganz gute Resonanz und werden auch weiter über meinBerlin arbeiten und dann, sobald die Corona-Regeln wieder gelockert sind, Vor-Ort-Termine mit den Bürgern machen.

Die Grünanlage an der Bremer Straße 37

Die Bremer Straße ist ja ein Pilotprojekt. Was soll da ausprobiert werden?

Das ganze ist ein Teil des Themas "Nahraum Bremer Straße". Dort wollen wir die öffentlichen Flächen insgesamt qualifizieren. Das ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Programm „Lebendige Zentren und Quartiere“ und der Nachhaltigen Erneuerung. 

Als Starterprojekt haben wir die Bremer Straße 37 ausgesucht, das ist eine relativ kleine Grünanlage, eine Art Stadtplatz. Dort muss dringend etwas passieren und die Voraussetzungen sind gut. Jetzt wollen wir versuchen, die Fläche mit dem Schwerpunkt Klimaanpassung und Klimaschutz neu zu gestalten. Es soll aber nicht alles komplett neu gemacht werden, das wäre auch nicht nachhaltig. Aber wir überlegen, welche Pflanzen sind hitze- und trockenstressresistent, aber auch winterhart? Wie kann man den Niederschlag am besten nutzen? Kann man Fassadenbegrünung umsetzen? Das, was gut klappt, wollen wir dann auch bei den anderen Grünflächen umsetzen.

Was kam bei der Beteiligung auf meinBerlin heraus?

Erstmal kam große Zustimmung, wir haben dort verschiedene Ansätze vorgestellt, zum Beispiel insektenfreundliche Bepflanzung oder Fassadenbegrünung. Die ist allerdings schwierig, weil schlecht belichtet und in Privatbesitz. Manche wollten auch Sportangebote, aber Andere wollten gerade diese Fläche als Ruheort nutzen, denn gegenüber gibt es noch andere Sportangebote.

Wir finden es auf jeden Fall sinnvoll, die Beteiligung frühzeitig zu machen, bevor man die Ideen konkretisiert. Das waren erst einmal nur Ideenvorschläge und jetzt wissen wir besser, was die Bürgerinnen und Bürger sich dort vorstellen. Das wollen wir als Grundlage für die Ausschreibung nehmen.

Was ist Ihre Aufgabe im Stadtentwicklungsamt Mitte?

Ich betreue vor allem das Fördergebiet der Nachhaltigen Erneuerung und dort in erster Linie Grünflächen und Sportanlagen, weil das in meinem Gebiet SportPark Poststadion der Schwerpunkt ist. Meine Aufgaben kann man am besten als Projektmanagement beschreiben: Ideen entwickeln und mit den Fachämtern abstimmen, Informationen und Beteiligungen organisieren – es ist sehr vielfältig. Wir bringen als Stadtplaner*innen alle zusammen und kümmern uns um die Organisation. So werden Strukturen für die fächerübergreifende Zusammenarbeit aufgebaut. Bei den Projekten der Städtebauförderung arbeiten das Jugendamt, das Sportamt und das Grünflächenamt zusammen und wir versuchen zu organisieren und zu unterstützen.

Schüler*innen planen an der Heinrich-von-Stephan-Gemeinschaftsschule Ausstattung für den Schulhof

Was ist wichtig für den Erfolg?

Wichtig ist die gute Zusammenarbeit mit den Fachämtern. Es gibt dort jetzt viele neue Kolleginnen und Kollegen, die einfach Lust haben zu gestalten. Und das klappt sehr gut, zum Beispiel mit dem Sportamt: Dort entstehen Ideen und dann schauen wir gemeinsam, was wir umsetzten können, genauso läuft es mit dem Grünflächenamt.

Bei der Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung sind das gegenseitige Vertrauen und die gute Arbeitsteilung sehr wichtig. Und dann gibt es natürlich die Projektpartner, wie die WBM beim Projekt Rathenower Straße 16, die Berliner Bäderbetriebe oder der Verein der Kulturfabrik. Auch mit den Schulen und Kitas haben wir eine sehr gute Zusammenarbeit. Wir haben ja am Neuen Ufer einige Projekte umgesetzt. Es macht immer richtig Spaß, mit den Schülerinnen und Schülern etwas umzusetzen.

Unsere Gebietsbeauftragten von der STERN haben auch Erfahrungen in den anderen Bezirken, da kann man sich austauschen, wie bestimmte Fragen in anderen Gebieten gelöst werden oder man hilft sich auch mal ganz praktisch mit Material für eine Veranstaltung oder Ähnlichem. Da merkt man auch, dass die Arbeitsweise in den Bezirken sehr unterschiedlich ist.

Seit wann arbeiten Sie in der Stadtentwicklung und was hat sich seitdem geändert?

Im Stadtentwicklungsamt arbeite ich seit 2011 und seit 2013 bin ich für Stadtumbau bzw. Nachhaltige Erneuerung rund um den SportPark Poststadion zuständig. Am Anfang ging die Tendenz noch dahin, Grünflächen oder soziale Einrichtungen abzugeben und dann kehrte sich das um in Richtung Wachstum, also Wohnungen und auch Grünflächen neu zu schaffen. Ich habe diesen Wechsel mitgemacht von der schrumpfenden zur wachsenden Stadt. Und auch von dem extremen Sparkurs dahin, dass wieder neue Leute eingestellt wurden. Dadurch kommt neuer Schwung rein. Man kann wieder mehr tun, wirklich etwas entwickeln.

Die Streetworkout-Anlage am Poststadion

Gab es Projekte, die aus dem Quartier heraus initiiert worden sind oder bei denen sich wichtige Änderungen aus der Bürgerbeteiligung ergeben haben?

Ja, das gab es, zum Beispiel diese Streetworkout-Anlage vor dem Tribünengebäude des Poststadions. Da sind Sportinteressierte auf das Sportamt zugegangen und haben gesagt, sowas hätten sie gern. Damals 2014/15 war das im Bezirk noch nicht so bekannt. Das Sportamt hat dann im Auftrag des Sportausschusses bei uns angefragt, ob so etwas gefördert werden kann. Wir hatten gerade für diesen Vorplatz eine grüne Wiese eingeplant. Diese Gruppe hat es aber geschafft, alle zu überzeugen und wir haben die Planung geändert. Das heißt, die Gruppe hat eigentlich die gesamte Recherche und Auswahl der Geräte übernommen und damit konnten wir die Anlage innerhalb von einem Jahr bauen. So schnell sind wir in der Regel sonst nicht. Diese Anlage wird extrem gut genutzt. Wir hatten noch nicht die Bauzäune abgeräumt, da war schon überall im Internet bekannt, dass wir so eine Streetworkout-Anlage gebaut haben. Sie ist bis heute immer voll, egal, wie das Wetter ist, da turnt immer jemand.

Der Skatepark Poststadion

Ähnliches ist auch beim Skatepark Poststadion passiert. Wir hatten eigentlich vor, einen Basketballplatz zu bauen. Aber auf der ersten öffentlichen Beteiligung mit Vereinen und Interessierten hat der 1. Berliner Skateboardverein es geschafft, alle zu überzeugen, dass man dort einen Skatepark bauen sollte. Sie haben dann ehrenamtlich die Beratung übernommen, was sinnvoll ist. Ich kann das nur empfehlen, bei solchen speziellen Angeboten die zukünftigen Nutzer*innen eng einzubinden. Es war wirklich eine traumhafte Zusammenarbeit. Der Skatepark ist berlinweit bekannt, leider jetzt schon fast wieder überfüllt. Also wir brauchen eigentlich noch einen Skatepark im Bezirk. Sobald das Wetter es zulässt, ist der Tag und Nacht voll.

Welche Bedeutung hat denn die Städtebauförderung für den Bezirk?

Alles was über die klassische Sanierung hinausgeht, wäre nicht umsetzbar ohne die Förderprogramme. Gerade wenn man etwas Neues ausprobieren will, wenn man Elemente zur Klimaanpassung umsetzen will. Auch Bürgerbeteiligungen wären in dem Umfang ohne Fördergelder nicht möglich. Oder die Konzeptentwicklung; wir haben beim Poststadion/Fritz-Schloss-Park wirklich das ganze Areal untersucht, um zu wissen, was wir dort machen wollen und können. Das würde alles wegfallen.

Was sind heute die wichtigsten Vorhaben in Ihrem Verantwortungsbereich?

Der Schwerpunkt liegt jetzt auf dem Thema Klimaanpassung. Wir hatten ja viele Ideen und haben viele Konzepte entwickelt und jetzt müssen wir in die Umsetzung gehen. Wir haben uns lange mit der Zisterne auseinandergesetzt, das hat bisher nicht geklappt, da gibt es noch viele rechtliche Hürden. Diese Sachen wollen wir jetzt wirklich umsetzen. Wir wollen auch das Thema Verkehrswende noch einmal aufgreifen. Das ist sehr schwierig, wir machen sehr wenig im Verkehrsbereich. Da fehlen leider die Kapazitäten beim Fachamt, aber da könnte man noch viel mehr machen. Fassadenbegrünung wollen wir gern machen, mehr Dachbegrünung. In die Richtung könnte man noch viel mehr leisten als nur Grünflächen zu erneuern. Beim Neubau von Schulen könnte man z.B. die Dachbegrünung fördern. Wir können das „Klimaplus“ finanzieren.

Die Fläche Seydlitzstraße/Rathenower Straße wurde für Berlin angekauft

Was sind Ihre Lieblingsprojekte, worauf sind Sie stolz?

Neben dem Skatepark, von dem ich schon erzählt habe, ist das eine Sache, die klingt vielleicht nicht so spektakulär: Als ich angefangen habe, wurde überlegt, einen Teil des Fritz-Schloss-Parks zu bebauen. Da habe ich durchgesetzt, dass wir diese drei Hektar von der Bima (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) für den Bezirk ankaufen und dauerhaft als Grünfläche sichern. Wären sie bebaut worden, wäre der Fritz-Schloss-Park kaum noch sichtbar gewesen. Er ist fast komplett umbaut, aber an dieser Stelle, wo der Park bis an die Straße reicht, haben wir es geschafft, diese Offenheit zu erhalten. 

Der Klara-Franke-Park zur Eröffnung 2013

Wie soll sich der Bezirk in den nächsten 20 Jahren verändern?

Ich wünsche mir, dass der Erhalt und die Schaffung von Grünflächen wieder wichtiger wird. Alle reden über Wohnungsbau, neue Schulen und Kitas. Wir reden auch viel über Klimaschutz, aber wenn es hart auf hart kommt, hat Wohnungsbau, eine Schule oder eine Kita immer Vorrang. Und auch das Thema Verkehr; wir reden zwar viel über eine Verkehrswende, aber bisher ist mir der Fokus immer noch zu stark auf Autoverkehr. Man muss nicht alle Straße erhalten. Man könnte auch perspektivisch irgendwann mal sagen: Wieso nicht, warum kann man diese Straße nicht begrünen? Warum kann man nicht den Autoverkehr komplett rausnehmen aus einzelnen Straßen?

Es wird sich ändern, da bin ich optimistisch. Beim Klimaschutz geht es nicht ums Reden, sondern man muss es auch wirklich ernst nehmen. Moabit ist hochverdichtet, hat kaum Grünanlagen. Da muss jeder Quadratmeter erhalten bleiben. Am Anfang haben wir tolle Grünanlagen geschaffen, wie den Moabiter Stadtgarten oder den Klara-Franke-Park. Aber in den letzten Jahren ist der Druck auf die Grünflächen extrem geworden. Das wäre meine Zukunftsvision, dass es wirklich grüner wird, dass auch wirklich eine Verkehrswende eintritt. Ich bin optimistisch, aber mir geht es nicht schnell genug.